Musik an Sich

Keith Rowe (75) mag einigen ein Begriff sein. Seine größte Popularität erhielt er durch sein Mitwirken an der 60er-Jahre-Kultband AMM welche bis heute als große, innovative Band im Erkunden neuer, ungewöhnlicher Sounds gilt. Rowe gehörte AMM bis 2004 an und hat in den Jahren danach (aber auch bereits während) seiner Zugehörigkeit viele Experimente mit seiner Gitarre und Elektronik gemacht und verwirklicht.

John Tilbury (79) ist ein weltweit anerkannter Pianist im Umfeld der sogenannten Neuen Musik, aber auch im Experimental- und Improvisationsumfeld. So hat er Werke von John Cage und anderen interpretiert. Seit 1980 gehört er auch in das Umfeld von AMM, woher sich Rowe und Tilbury kennen. Sie haben immer wieder auch abseits der Band miteinander gearbeitet.

Nun veröffentlichen diese beiden Grand.Herren der Experimentalmusik ein Manifest von über dreieinhalb Stunden in einer 4-CD-Box. Entstanden ist die Musik als Untermalung für eine Filminstallation von Kjell Bjoergeengen, welcher zugleich als Produzent für das Album fungierte.

Ein großes Element der beiden Künstler ist die Stille. Viele Passagen werden von nur wenigen, dafür sehr klaren Klängen der von Rowe bearbeiteten Gitarre und den elektronisch erzeugten Klängen dominiert. Hall und Rauschen tragen häufig diese Atmosphären. Tilbury schlägt dazu mal einzelne, verhallende, mal melodiös strukturierte Pianoklänge an. Meistens in Urform, selten verfremdet.

Die beiden Künstler haben bei dieser Aufnahme frei improvisiert, jedoch merkt man, wie lange die beiden bereits zusammen arbeiten, denn viele Passagen scheinen traumwandlerisch zueinander zu passen. So ergeben sich bei diesen Aufnahmen einige Male magische Momente, wo die beiden derartig interagieren zu scheinen, dass grandiose Atmosphären oder aber fremdartige, aber packende Melodien entstehen.

Auf der dreieinhalbstündigen Klangreise sind viele interessante Dinge zu entdecken. Auch eignet sich dieses Album durchaus zum Genuss mit geschlossenen Augen über Kopfhörer. Doch Achtung: Hinter den vielen Ecken und Winkeln in dieser Musik weiß man nie, was da lauert.