MURAL Tempo (SOFA 547, 3 x CD): Ein Label, das Titel wie «The Sea Looks Green When The Sky Is Grey» und «North Of The North» herausgibt und Bands wie die Sheriffs Of Nothingness, hat bei mir einen Sympathievorschuss. Der Drummer Ingar Zach hat Sofa vor 15 Jahren gegründet, zusammen mit Ivar Grydeland, seinem Partner in Huntsville und Emo Albino. In Mural hat Zach, den es mittlerweile ins sonnigere Spanien gezogen hat, den Gitarristen Kim Myhr an seiner Seite, der auch schon als Komponist für das Trondheim Jazz Orchestra hervorgetreten ist. Dritter Mann ist der australische Saxophonist Jim Denley, der nach einer stärkeren Präsenz in den 80ern & 90ern mit Machine For Making Sense, Jon Rose und dem Chris Burn Ensemble etwas aus dem Blickfeld geriet, obwohl er, immer wieder auch mit Myhr, nicht untätig gewesen ist. Seit 2007 musizieren sie zusammen als Mural. Ihre Beschallung der Rothko Chapel in Texas am 27.4.2013 unterschied sich von den beiden vorausgegangen durch die von vorne herein geplante Dauer von vier Stunden. Statt eines üblichen Konzertes wollten sie eine Möglichkeit bieten, zeitvergessen tagzuträumen und Ruhe zu finden, wie es den Gemälden von Mark Rothko entspricht. Das ähnelt in der Vorstellung dem ebenfalls stundenlangen dröhnminimalistischen Driften, das -\076 Simon James Phillips 2011 in Berlin inszenierte und das als "Blage 3" zu hören ist. Da über Houston ein gewaltiges Gewitter niederging, bot die Chapel zumindest ein trockenes Plätzchen. Mit drei der vier Stunden wird man nun mit in den Rothko-Room genommen. Das Tempo bewegt sich zwischen ziemlich ruhig und lebhaft, Repetition ist ein starkes Element, aber nicht das wesentliche. Dafür sorgt Denley mit krächzenden und brodeligen Lauten, Zach mit dem Murren und dem dunklen Herzschlag einer großen Trommel, Myhr mit Bogenstrichen auf einer 12-String oder Zither. Was immer auch damit angestrebt wird, ein leeres Grau-in-Grau ist es bei aller kunstfrommen Andacht nicht. Vielmehr wird an den Säumen der Imagination gekrabbelt, gegen mentale Grauschleier angepustet, mit feinen Glöckchen, Klangschalen, sanftem Gong und zwischendurch abrupten Schlägen die Sinne gekitzelt. Myhr wetzt ausdauernd die Saiten, lässt sie flirren und federn oder ticken wie eine Großvateruhr. Denley tutet, oder schrillt Flötenpfiffe, Zach pumpert, schnarrt oder lässt Metall schimmern. Rothkos Bilder haben ihr Format, die Kapelle hat Mauern, diese endlos changierende Musik entgrenzt das eine wie das andere, weit über bloße Seelenbaumelei hinaus.