Nordische Musik

Obwohl sich Kim Myhr und Lasse Marhaug - jeder für sich - in der norwegischen Experimentalmusikszene zwar einen guten Namen erarbeitet haben und mit etlichen Bands und Projekten auch international Aufmerksamkeit bekamen, gab es bislang kein gemeinsames Projekt - eigentlich erstaunlich. Zugleich aber auch erfreulich, wenn Musiker sich über ihren üblichen Kreis von Kollaborationen hinaus begeben. Dass ihr Album bei Sofa Music erscheint, lässt eine bestimmte, fragile Klangästhetik vermuten, doch Marhaugs Drone-/Noise-Einfluss scheint hier größer zu sein: »ON THE SILVER GLOBE«, die Stereo-CD, gründet auf einer 8-Kanal-Klanginstallation, die die beiden für die MetaMorf-Biennale kreiert haben - wurde allerdings nach der Performance in Trondheim neu im Studio ausgearbeitet und eingespielt.

Myhr hat man zwar auch schon mit minimalistischer Drone-Musik gehört, vor allem mit seinem Trio Mural, dort indes ungleich epischer als auf diesem, mit rund 30 Minuten Laufzeit im direkten Vergleich kurzen - und lauten - Album. Gitarren und diverse analoge und modulare Synthesizer sowie Oszillatoren waren wohl die Quelle dieser Suite in fünf Teilen, erweitert um Soundeffekte und Klangbasteleien. Der Titel bezieht sich auf einen parabelhaften Science-Fiction-Film des unlängst verstorbenen großen polnischen Regisseurs Andrzej Żuławski (»Der silberne Planet«, 1988), keine schlechte Referenz für ein leicht spaciges Studio-Opus.

Ein zweiter Einfluss war Andrew Smiths Buch »Moondust (In Search Of The Men Who Fell To Earth)«, das sich dokumentarisch mit Weltraumerfahrungen von Apollo-Astronauten befasst. Auch ohne den Kontext der ursprünglichen Installation zu kennen, kann man »ON THE SILVER GLOBE« als vielschichtiges, klanggewaltiges Noise-Album genießen, abstrakt ebenso wie mit Bildern im Kopf. Dabei sind die Stücke zu keinem Zeitpunkt schlichte Krachorgien, im Gegenteil: Fein ausgestaltete Klangreisen, die sehr gerne Filmmusik für einen kommenden Science-Fiction-Film abgeben (oder diese zumindest inspirieren) dürfen. Myhr und Marhaug haben eine Art erzählerische Noise-Sinfonie geschaffen, aus der man immer wieder auch natürliche Klangbilder heraushören kann, kleine Episoden und Szenen in der großen Geschichte. 30 Minuten sind eine sehr gute Länge für dieses zuerst unscheinbare, bald aber packendes Album.