Nordische Musik

Bei Circadia handelt es sich gewissermaßen um eine Kreuzung aus Muringa und The New Songs. Die beiden Gitarristen im Zentrum dieses Quartetts, Kim Myhr aus Norwegen und David Stackenäs aus Schweden, spielten bereits gemeinsam in der Band The New Songs, doch musikalisch ist dieses Projekt weitaus näher an Myhrs sonstigen Projekten bei Sofa Music, etwa Mural und eben Muringa, aber auch seinem zweiten Opus mit dem Trondheim Jazz Orchestra, nämlich epische Improvisationen, die zumeist mehr ins Atmosphärische gleiten als mit dem üblichen Verständnis von freiem Jazz gemein haben. Ergänzt werden die beiden Skandinavier von Bassist Joe Williamson und Schlagzeuger/ Perkussionist Tony Buck (The Necks), die man ebenfalls für eher freigeistig-atmosphärische Klangepen kennt.

Bei »ADVANCES AND DELAYS« handelt es sich um eine Konzertaufnahme aus Stockholm (Juni 2014), und wenn man so will, ist dies das Ensemble-Gegenstück zu bzw. eine Band-Fortführung von Kim Myhrs erstem Soloalbum, auf dem er mit 6-saitiger und 12-saitiger Gitarre große Epen mit kleinen Mitteln ausbreitete. Circadia beschreiben sich selbst als Psych-Improv-Folkband, und tatsächlich evoziert diese Selbstbeschreibung sehr gut, wie sich die beiden ausufernden Tracks erfahren lassen. Hier steckt etwas mehr Zug und Pfiff drin als bei Murals sehr langen Stücken, und auch wenn anzunehmen ist, dass die Klangwelt mit Hilfe elektronischer Effekte ins Fremde verschoben wurde, fasziniert doch, wie schillernd, textural und extravagant eine scheinbar so simple Besetzung aus zwei Gitarren, Bass und Schlaginstrumenten daher kommen kann. Die vier sind fraglos Meister ihrer Klasse (als »Open Class« wird dieses Genre in Norwegen treffend umrissen), und wer The Necks oder Sofa schätzt, dürfte mit Circadia mehr als begeisterte Hörgenüsse erleben.